Orient-ierung

Orient-ierung

Es steckt keine übergeordnete Absicht dahinter, aber jede Reise in meinem Leben, die über eine 2-Wochen-Schwelle hinausgegangen ist (wodurch meist schon die nebulöse Grenze zwischen Urlaub und Reise überschritten wird), hat mich in den Orient geführt.

1979 wurde meine Reisekarriere losgetreten, als sich der (nicht immer ganz so) gute Kumpel Hanno, zum Zwecke der besseren Verfolgung seiner Kifferkarriere, an Reisephantasien nach Indien berauschte.
Mein Sinologiestudium war schon vor Monaten in einer (sehr kurzen) Sackgasse gestrandet, so dass ich die Vorstellung von einem Trip nach Indien mit vollen Zügen inhalierte und, gleichermaßen berauscht wie Hanno, meine Exmatrikulation beantragte.

Der Trip sollte ziemlich genau sechs Monate dauern. Ich bin Hanno heute noch dankbar, dass wir gemeinsam und über Land losgezogen sind, aber nach vier Wochen waren die Spannungen nicht mehr zu überbrücken und ich entdeckte die süße Kunst des Alleinreisens, in der ich mich hin und wieder zu einer ordentlichen Leistung aufgeschwungen habe.

1987 war’s dann wieder soweit, diesmal mit Freundin. Die Iraner hatten unsere Visaanträge verdaddelt, so dass wir direkt in Delhi landen mussten, was eine echte Belastung für die Sinne und Stimmung ist, also erst mal husch! nach Nepal, von wo uns ein günstiges Welt-Klima nach Tibet und China gespült hat. Als wir mit der Transsib dann in Berlin ankamen, waren wieder ziemlich genau sechs Monate vergangen.

In den 80ern gab’s dann noch ein paar Kurzreisen in die Türkei, manche geponsort von arabischen Autohändlern, denen die Überführung eines alten Mercedes bis an die syrische Grenze circa fünfhundert Deutschmark wert war. Wovon man sich in Anatolien ein paar schöne Wochen leisten konnte.
Das Ende meiner Türkeiphase kam nach einer wunderschönen, erlebnisreichen sechswöchigen Reise (mit Freundin im eigenen Daihatsu Sparcar)

1996 brachte mich Bodo Kirchhoffs Roman „Infanta“ auf eine bessere Idee als den Roman zu lesen, nämlich darauf, dass ich doch eigentlich mit dem Motorrad nach Indien fahren könnte. Ich nannte weder Motorrad noch den zugehörigen Führerschein mein Eigen, und ließ mich überreden (Freundin), das mit dem Führerschein nachzuholen. Bei den Reisevorbereitungen, die hauptsächlich darin bestanden, mich mithilfe des Lonely Planet „North India“ nach Indien zu phantasieren, stolperte ich über ein paar Zeilen, in denen davon die Rede war, dass man sich, wohl unter Anwendung einiger Tricks, in Indien selbst ein Motorrad oder einen Roller kaufen könne. „Tricks“ kann man ja ohnehin mit „Bakshish“ gleichsetzen, also war der Plan wie folgt geändert: nach Delhi zu fliegen und dort eine Royal Enfield zu kaufen oder zu mieten.
Sechs Monate und 12.000km später war ich wieder zuhause, mit ca. 150 Rollen belichtetem Diafilm im Gepäck. Die meisten Fotos, die es hier zu sehen geben wird, stammen von dieser Reise.
Es war mit einigem Abstand die „beste“ Reise.

1999 war dann der Plan, nach Madras zu fliegen, im Enfield-Werk eine neue Enfield zu kaufen, und mit dieser kreuz und quer bis nach Delhi zu gondeln. Dort würde Herby dazustoßen, sich auch eine Enfield kaufen, und dann würden wir über Pakistan, den Iran und die Türkei zurück nach Hause fahren.
Nicht alles ging nach Plan, und nach vier Monaten musste ich von Isfahan aus heimfliegen, nachdem mich ein Fräulein namens Malaria auf die Matte geschickt hatte. Das Ende war mies, auch wenn ich ein paar schöne Erinnerungen an das iranische Krankenhaus und an Dr. Fahimi mitgenommen habe.