Tausend Bilder und ein paar launige Worte

Tausend Bilder und ein paar launige Worte

Launig?

Warum ich mich für das Untermotto „Tausend Bilder … und paar launige Worte“ entschieden hab? Bei openthesaurus.de werden dem Wort „launig“ folgende Assoziationen zur Seite gestellt:

nicht ausgereift · (noch) nicht der Weisheit letzter Schluss · nicht durchdacht · …
(sich) alle Türen offen halten · (jegliche) Festlegung(en) vermeiden · (sich) nicht festlegen
ausgleichend · diplomatisch · konfliktvermeidend
schwammig · ungenau · unklar · …

Da sind doch schon ein paar gedankliche Aufkleber dabei, die man sich mit in den Rucksack packt, wenn man nicht allzu schwer am eigenen Gefasel tragen will.  Und als Rucksackreisender hat man ja eh schon genug am eigenen Päckchen zu tragen, da muss man sich nicht noch mit der vermeintlichen Wichtigkeit der eigenen Gedankengänge beschweren.

Ois easy

Hat nicht Günther Maria Halmer alias Tscharlie in den Münchner Gschichten immer „Ois easy“ gesagt?
Hat er nicht. Sein Standartspruch war „Ois Chicago“.
Und genau das ist doch total Kacke: wenn man heute nach der Herkunft von „Ois easy“ suchen will, dann steht einem Google mit seinen Suchergebnissen, die immerfort nur die ab-so-lut-un-säg-lich gutgelaunte Partyband gleichen Namens servieren,  so sehr im Weg, dass man quasi gezwungen wird, dem Tscharlie dieses leider fiktive Bonmot in den Mund zu legen.
Und irgendwie scheint mir das auch nicht allzu weit von der Weltwahrnehmung Helmut Dietls entfernt zu sein, von dem folgendes Zitat überliefert ist:

„Die Münchner Geschichten sind keine historischen Erinnerungen. Sie sind Szenen von heute, die erfunden wurden, aber wahr sein könnten“

Jetzt könnte man noch nachlegen und mit Kanononen auf Spatzenhirne schießen, indem man Daniel Kahnemann zitiert, aber hier könnte der geneigte Leser doch hergehen und sich selbst von der Relativität der eigenen Erinnerungen überzeugen lassen

Relativ sind und bleiben sie, die Erinnerungen, und wenn am  Ende dann ein „ois easy“ oder ein „ois Chicago“ (oder gar ein „ois mumbai“) steht, dann waren die Reisen doch nicht ganz umeinsonst.

Fotos als gestohlene Momente

Manchmal finde ich es peinlich, wie oft man sich anhören muss, dass das Fotografieren dem Erinnern im Wege stünde. Schon mal gehört?
Das kommt meist von Leuten, die gerne negative Vorzeichen setzen, wie etwa:

„Früher, ja früher, da hat man sich noch unterhalten und diskutiert, aber heute, bah!, da holt doch jeder nur sein Smartphone raus und googelt, wenn ihm die Argumente ausgehen“

An sich ja schon interessant, dass einer gegoogelten Antwort da gerne der Argumentstatuts verweigert wird, aber eigentlich will ich ja darauf hinaus, dass obiges (rein fiktives) Zitat von diesen Leuten quasi als Kreuzzeichen heraufbeschworen wird, das einen gegen die moderne Welt schützen soll. So als hätte es nicht jeder selber in der Hand, wann er googelt oder sich nur auf die eigene Erinnerung verlässt.

„Wenn man es erst mal in der Hand hat, hat man es nicht mehr in der Hand!“

Was hier als Argument gegen das Smartphone in Hinsicht auf eine eigene Meinung verwendet wird, das lässt sich auch für Fotoapparate behaupten im Hinblick auf Erinnerungen. Und man kann diejenigen, die das behaupten, immer gleich erkennen, wenn sie aus ihren Tourbussen steigen (und es sind immer Tourbusse, und nein, die da aussteigen sind keine Rockstars). Sie atmen die Luft ganz bewusst ein und befinden sich sowas von im Hier und Jetzt, dass allen anderen drum herum nur noch wenig Hier und Jetzt übrigbleibt.

Sie machen keine Fotos, denn sie saugen ja den Moment auf, das verbindet einen natürlich viel direkter mit der Umgebung als der Umweg über die Knipse und so …

… und tun so als wären alle Knipser mit diesen japanischen, chinesischen oder amerikanischen Touristenhorden gleichzusetzen, die z.B. Europa in drei Tagen abhaken, Heidelberg, Rothenburg und Prag an einem Vormittag. Deren unweigerliches Symbol war natürlich schon immer der Fotoapparat bzw. ist heutzutage der Selfiestick, aber allein die Nutzung eines solchen Gerätes macht einen noch nicht zum unersättlich unbewussten Konsumenten.

Weiß auch nicht so recht, was ich da jetzt sagen wollte, aber es soll sowas ähnliches bedeuten, wie „ich hasse Fundamentalisten“, egal in welcher Sparte sie ewig-gestrig sind.

Ich hab unzählige Fotos nicht gemacht. Ich möchte sogar behaupten, dass ich meine besten Fotos überhaupt nicht gemacht habe. Aus Anstand, vor zu viel Staunen, weil ich mich ungelenk gefühlt oder etwas Unechtes in die Welt gebracht hätte, wenn ich die Kamera herausgekramt hätte oder weil ich’s einfach verpennt hab. Vielleicht hab ich auch aus Angst das eine oder andere Foto nicht gemacht, denn wenn man alleine reist muss man die Gleichung in Bezug auf die eigene Verletzlichkeit ganz anders aufstellen.
Ich hab so viele wunderbare kleine Begebenheiten und Begegnungen erlebt, ohne dass ich eine Kamera dazwischen gehalten hätte …
… leider sind die meisten davon für immer verloren.

Nicht so das tatsächlich belichtete Material. Viele Erinnerungen kommen spontan zurück, wenn ich mal wieder durch diese Schatzkisten grabe. Auch wenn bei manchen Erinnerungen die Konturen hinter den Farben der Fotos schon ganz schön verwaschen sind, so kann ich doch einige wieder scharfzeichnen, dank mentalem Photoshop.